Missionsprokura von der Heiligen Familie

Lebenhan - die erste Niederlassung der Missionare von der Hl. Familie in Deutschland

Lebenhan (Bad Neustadt a. d. Saale), Missionare von der Hl. Familie – Von der Rhön in die Weltmission

Die 1895 in Grave bei Nijmegen (Niederlande) gegründete Männerkongregation der Missionare von der Heiligen Familie (lat. Missionarii a Sacra Familia, abgekürzt MSF) erwarb 1919 das ehemalige Schlossgut im unterfränkischen Ort Lebenhan (seit 1978 ein Stadtteil von Bad Neustadt). Das Anwesen befand sich bis 1865 im Besitz der fränkischen Adelsfamilie von Gebsattel, die es an Stelle des Vorgängeranwesens, eines 1246 für die Verwalter des bischöflichen Salzforstes errichteten Herrenhauses, im Jahr 1750 neu hatte erbauen lassen. Der Orden gründete hier seine erste bayerische Niederlassung, der keine weitere nachfolgen sollte. Zu der stattlichen Anlage gehörten das Schlossgebäude, ein Wohnhaus, Scheune, Toranlage und Vorbauten, Park und Felder. Der erste Rektor, P. Heinrich Cremer, ließ ab 1921 das Schloss um einen Neubau und eine Kapelle erweitern. Damit schuf er die Voraussetzungen für das Missionshaus St. Kilian mit Kloster, Schule und Internat. In der Folgezeit absolvierten viele künftige Priester und Missionare der Kongregation hier ihre Ausbildung, die zunächst fünf, ab Mai 1924 sechs Studienjahre umfasste. Nach dem in Lebenhan abgelegten Abitur wechselten sie ins Noviziat nach Mühlbach bei Bad Neustadt, wo der Orden 1925 die Mälzerei einer Brauerei in ein Kloster umgebaut hatte, und studierten an der Phil.-Theol. Hochschule Ravengiersburg im Hunsrück. Bei den Schülern in Lebenhan handelte es sich überwiegend um Spätberufene, die durch diese Institution die Chance erhielten, einen geistlichen Beruf zu ergreifen. Ab 1930 (bis 1975) versorgten Oberzeller Schwestern die Küche und den Haushalt des Klosters und Missionshauses.

Aufgrund der kirchenfeindlichen Haltung des NS-Regimes war die Kongregation gezwungen, ihre Klosterschule von 1938 bis 1946 geschlossen zu halten. Nach der Wiedereröffnung stieg die Schülerzahl bis 1948 bereits wieder auf 85 Personen an. Für die Unterbringung der Oberzeller Schwestern hat man 1964 ein eigenes Haus errichtet. 1967 wurde auch im Missionshaus St. Kilian das neuntklassige Gymnasium eingeführt, eine Maßnahme, die den Orden allerdings finanziell und personell überforderte. Für die notwendigen räumlichen Erweiterungen kam 1974 ein weiteres Schulgebäude hinzu. Im selben Zeitraum nahmen die Schülerzahlen jedoch beständig ab. 1978 musste die Ausbildungsstätte, die im Lauf ihres Bestehens über 100 Priester hervorgebracht hatte, aufgrund der drastisch sinkenden Nachfrage geschlossen werden. Die ehemaligen Schulräume dienten anschließend der Diözese Würzburg, Vereinen und Gruppen für religiöse Tagungen und Treffen. 1980 richtete die Caritas hier die Maximilian- Kolbe-Schule für sprachbehinderte Kinder ein.

Die Patres und Fratres der Kongregation wirkten von Anfang an nicht nur als Lehrer sondern auch als Seelsorger für die umliegenden Orte in der Röhn. Daneben diente Kloster Lebenhan den alten Ordensbrüdern als Zuhause.

2008, rund 90 Jahre nach der Gründung, wurde das Kloster aufgrund des Nachwuchsmangels unter Rektor Pater Hermann Keul aufgelöst. Die Hauskapelle St. Kilian wurde am 23. November 2008 durch den Würzburger Generalvikar Dr. Karl Hillenbrand profaniert. Der Großteil der verbliebenen Patres zog nach Betzdorf, dem neuen Zentrum der Ordensprovinz in Norddeutschland, um. Der Rest der Brüder blieb vorerst noch im Bereich Bad Neustadt in der Seelsorge tätig.

(Christine Riedl-Valder)